BIM-Story

Petra Rinnenburger ©Martina Goyert

BIM_ Palmstraße 50672 Köln_Ansicht aus Innenhof © Nesseler Bau GmbH

BIM_ Palmstraße 50672 Köln_Ansicht aus Alte Wallgasse © Nesseler Bau GmbH

Die branchenweite Verbreitung von BIM und Digitalisierung ist die primäre Aufgabe von BIMSWARM. Daher stellen wir gerne verschiedene BIM-Nutzer und deren Erfahrungen mit der BIM-Methode der BIM-Community vor.

Unsere erste #BIM-Story in diesem Jahr führt uns nach Köln. Dort haben wir mit Petra Rinnenburger vom Gebäudemanagement Stadt Köln gesprochen und ihr einige Fragen über ihre Erfahrungen im Bereich BIM und Digitalisierung gestellt.

Wir hoffen, dass die geteilten Erkenntnisse nicht nur für die öffentliche Hand, aber auch für die gesamte Wertschöpfungskette Planen-Bauen-Betreiben hilfreich sein werden.

 

BIMSWARM: Guten Tag, Frau Rinnenburger, was war die Motivation von der Stadt Köln die BIM-Methode einzuführen?

Petra Rinnenburger: Wir haben uns in 2015 entschieden das Thema BIM sehr deutlich in den Fokus zu nehmen, nicht nur wegen des politisch erklärten Willen, sondern auch aus dem eigenen Antrieb einen großen Immobilienbestand bewirtschaften zu müssen. Plankammern und Dokumentationsunterlagen sind das Gedächtnis dieses Immobilienbestandes. Je besser und einfacher diese gepflegt und weiterbearbeitet werden können umso besser ist der Effekt für den Betrieb der Immobilie. Eine funktionierende Datenbank –z.B. mit guten BIM-Modellen – kann hier eine immense Beschleunigung und Verbesserung bei Grundlagenermittlung und Gebäudebetrieb leisten. Uns alle erwartet der Fachkräftemangel, verstärkt durch den demographischen Faktor, alles was hier vereinfacht und beschleunigt, kann nur eine Hilfe sein. Wir waren bei der Gebäudewirtschaft in Köln schon früh digital stark aufgestellt. Wir betreuen 86 Verwaltungsgebäude, 266 Schulen, 77 Kindertagesstätten, 64 Aufbauten auf Grünflächen und 10 Kulturgebäude, darunter große Museen – da erleichtert die Digitalisierung die Arbeit ungemein. Und wir haben ein agiles Team, das eine große Affinität zu digitalen Themen hat und mit viel Elan an die Arbeit geht. Daher musste ich meine Kolleginnen und Kollegen gar nicht davon überzeugen, als wir begannen, ein Pilotprojekt zu planen. Wir waren uns auch alle einig, dass Köln als eine große Kommune bei so einem Thema vorangehen muss.

BIMSWARM: Wie sieht Ihr internes BIM-Team aus?

Petra Rinnenburger: Durch ein 15-köpfiges abteilungsübergreifendes Team aus Architekt*innen und Bauingenieur*innen werden die BIM-Projekte seit 2019 in der Gebäudewirtschaft intensiv begleitetet. Um das Team optimal aufzustellen, haben alle Mitglieder eine intensive Fortbildung absolviert

Das Team organsiert sich selbst – ohne übergeordnete Hierarchie. Diese Aufstellung hat sich bisher als sehr positiv herausgestellt, da so dynamisch auf die jeweils aktuellen Anforderungen schnell reagiert werden kann.

BIMSWARM: Was waren die ersten Schritte der Stadt Köln in Richtung BIM? Mit welchen Maßnahmen haben Sie angefangen?

Petra Rinnenburger: Mithilfe eines externen BIM-Experten erstellten wir ein Strategiepapier, in dem wir aufschrieben, was eigentlich unsere Ziele mit BIM sind und welche Strategie wir bei der Umstellung verfolgen. Und wir gründeten eine Projektgruppe. Vorteilhaft war es, dass wir damals gerade mit der Planung eines Bauprojekts begannen, das sehr gut passte, weil es eigentlich alle Bereiche betraf, bei denen der Einsatz von BIM infrage kommt. Es handelt sich um ein Gymnasium. An dieser Schule soll sowohl der Bestandsbau saniert als auch ein Erweiterungsbau errichtet werden. Weiter muss im Bereich der Straße gebaut sowie Grünflächen angelegt werden. Schließlich betreiben wir als Kommune das Gebäude später auch. Es geht bei diesem Projekt aber nicht nur um die baulichen Aufgaben, sondern es muss beispielsweise auch die interne IT-Infrastruktur angepasst werden. Bei diesem Pilotprojekt läuft vieles parallel. Wir arbeiten sehr gründlich und haben bereits gelernt, dass nicht alles, was wir hier machen, bei anderen Projekten benötigt wird. Aber dafür handelte es sich ja um ein Pilotprojekt.

Inzwischen haben wir als städtische Gebäudewirtschaft insgesamt 8 Projekte mit einem Gesamtvolumen von ca. 270 Millionen Euro in BIM durchgeführt. Die Schulbauten wurden alle von General- oder Totalunternehmern erstellt.

BIMSWARM: Welche Mehrwerte erwarten Sie vom Ansatz der BIM-Methode? Welche davon genießen Sie bereits?

Petra Rinnenburger: Während des Planungs- und Bauprozesses besteht für uns insbesondere der Vorteil bei der Übergabe des Projekts in den Betrieb. Hierzu wird ein sogenanntes „FM-Modell“ auf Basis eines „As-planned-Modells“ erstellt mit dem zukünftig im Rahmen des Facility-Managements ein professioneller Betrieb der Gebäude unterstützt und gewährleistet wird. Mit Hilfe von BIM-Modellen stehen allen Beteiligten im Betrieb einer Immobilie viel mehr Informationen zur Verfügung. Alle Aufgaben können dadurch optimiert werden. Auch zu Zeiten analoger Planungen war insbesondere die Bestandsdatenpflege ein großes Problem. Immobilien „leben“ in ihrer Nutzungsphase. Für Gebäudeeigentümer ist es daher von großer – auch wirtschaftlicher – Bedeutung genaue Kenntnisse über ihren Bestand zu haben. Ein gut definiertes BIM-Modell, mit der entsprechenden Pflege in der Nutzungsphase könnte hier die Verbindung von Plan und erläuternder Dokumentation darstellen, für die man zurzeit viele verschiedene Unterlagen durchsehen muss. Zudem erwarte ich eine deutliche besserer Dokumentation zu Themen wie z.B. der Nachhaltigkeit und CO²-Bilanzen.

Beispiele:

  • So können Mitarbeitende / Objekt-/Kundenbetreuer*innen schnell die genaue Einbauhöhe ermitteln, wenn sie Deckeneinbauleuchtmittel beschaffen müssen, welche ausgetauscht werden müssen. – ohne vor Ort sein zu müssen.
  • Der ausführende Betrieb weiß dank des Modells schon vor der Anfahrt zum Objekt, welches Leuchtmittel er benötigt und welche Hilfsmittel (Leiter/ Gerüst/ Steiger) notwendig sind, um die Einbauleuchten zu erreichen.
  • In Zukunft könnte die Monteur*in mit Hilfe von Augmented Reality auf dem schnellsten Weg zum genauen Raum im Objekt geleitet werden. Das eigene Smartphone wäre der erste Schritt. Ein Trend, der derzeit vorausgesagt wird ist jedoch eine entsprechende Brille (z.B. Google Glass oder MS HoloLens). Wir reden hier über eine Zukunftsvision, die aber bereits von einigen Firmen erprobt wird.

Und das sind nur einige Beispiele dafür, welchen Mehrwert wir von BIM erwarten.

 

BIMSWARM: Welche Risiken sollen bei der BIM-Einführung bei öffentlichen  Auftraggebern berücksichtigt werden?

Petra Rinnenburger: Eine Herausforderung für uns liegt darin, dass wir aus wettbewerbsrechtlichen Gründen herstelleroffen arbeiten müssen, aber auch wollen, um den Markt nicht einzuschränken. Aber das ist ein Problem, welches wir in Zukunft immer mehr „in den Griff“ bekommen werden. Hierzu haben wir zum Beispiel bei buildingSMART eine Initiative für einen Round Table ins Leben gerufen. Die hieraus resultierende Arbeits- beziehungsweise Fachgruppe soll helfen, die Schnittstelle zwischen den einzelnen Softwareprodukten zu optimieren. Einmal abgesehen davon läuft alles, was am Schreibtisch und am Computer geht, also die Soft- und Hardware betrifft, relativ problemlos. Herausforderungen gibt es traditionell eher bei der Umsetzung vor Ort auf der Baustelle. Das Thema BIM ist zwar seit einigen Jahren präsent und entwickelt sich fort, dennoch braucht es noch Zeit um als Planungsmethode bei allen an einem Bauprojekt beteiligten Akteuren vollständig etabliert und selbstverständlich zu sein. In diesem Zusammenhang spielen zum Beispiel auch Kosten eine Rolle, denn für den Auftraggeber ist es durchaus ein Faktor ob mit oder ohne BIM geplant wird. Wenn die vorgenannten Aspekte in dieser Form eintreten fällt die Kosten-/Nutzenanalyse positiv aus, je nach Umständen und Bauvorhaben muss das aber derzeit nicht zwangsläufig immer so sein.

BIMSWARM: Welche praktischen Tipps würden Sie anderen öffentlichen Auftraggebern geben, die gerade ihre ersten Schritte mit BIM machen oder planen?

Petra Rinnenburger: Als öffentlicher Auftraggeber der mit BIM starten will, sollte man sich ein Konzept erstellen in dem die genauen BIM-Ziele festgelegt werden. Falls das entsprechende Know-how hierfür in den eigenen Reihen fehlt, rate ich unbedingt dazu sich dies einzukaufen. Mit diesen Zielen vor Augen, kann man sich diesen dann Schritt für Schritt nähern.

Als sehr sinnvoll hat sich zudem der Austausch mit anderen öffentlichen Auftraggebern herausgestellt. Die Probleme bei der Implementierung der BIM-Methode, sind in Hamburg vergleichbar mit denen in Berlin oder Köln. So kann man voneinander lernen und Synergieeffekte erzielen.

BIMSWARM: Was würden Sie den öffentlichen Auftraggebern empfehlen, die noch zögern, sich auf die BIM-Methode umzustellen?

Petra Rinnenburger: Meiner Wahrnehmung nach haben alle öffentlichen Bauherren eine immense Akzeptanz für die BIM-Methodik. Viele Baupartner*innen – gerade in der Bauindustrie – haben den wirtschaftlichen und projektablaufbezogenen Vorteil erkannt und nutzen ihn. Die klassischen Systemhersteller haben BIM und Lean-Management bereits gut „übereinander“ gebracht. Bei meinen Gesprächen mit Handwerkskammern spürt man das Interesse auch von dieser Seite, in den Berufsschulen ist die digitale Planung längst angekommen. Man spürt die Bewegung. Wir sind stolz und früh hier als Kommune auch Vorbild zu sein. Mit BIM werden wir bei Planung, Bau und Betrieb noch nachhaltiger – und damit nicht nur ökonomischer, sondern auch ökologischer.

BIMSWARM: Vielen Dank, Petra Rinnenburger, für Ihren wertvollen Beitrag und für das Teilen Ihrer Erkenntnisse mit der BIMSWARM-Community! Wir wünschen Ihnen und der Stadt Köln weiterhin viel Erfolg mit BIM!

 

Haben Sie eine eigene BIM-Story, die Sie mit anderen Markteilnehmern teilen würden? Dann freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme über contact@bimswarm.de !

Ihr BIMSWARM-Team