Stephan Müller, Dorsch Gruppe: „Wir stellen fest, dass neue Mitarbeiter gar nicht mehr ohne digitale Methoden und Arbeitsumgebungen gewonnen werden können.“

Wir bei BIMSWARM engagieren uns für die Verbreitung des BIM-Wissens im Markt – das ist unser Beitrag für die Digitalisierung des Bauwesens.

Heute sprechen wir mit Dipl.-Ing. (FH) Stephan Müller, Digital Transformation Manager bei der Dorsch Gruppe. In diesem Interview teilt Herr Müller mit der BIMSWARM-Community seine Erfahrungen und Erkenntnisse zur BIM-Umsetzung in Infrastrukturbauprojekten. – Praxisorientiert, impulsgebend und informativ. Viel Spaß beim Weiterlesen!

 

abc

Es ist uns wichtig, dass wir nicht aus dem Elfenbeinturm die Standards entwickeln, sondern gemeinsam mit den Projektmitarbeitenden die Best Practices dokumentieren und in die Breite tragen.

Stephan Müller, Dorsch Gruppe

BIMSWARM:  Guten Tag Herr Müller, beschreiben Sie bitte kurz Ihr Unternehmen.

SM: Die Dorsch Gruppe ist ein international tätiger Planungs- und Beratungskonzern mit einer 70-jährigen Geschichte als angesehener Ingenieurdienstleister für industrielle Kunden, private Investoren und öffentliche Institutionen. In Deutschland ist die Gruppe mit acht Unternehmen an zahlreichen Standorten vertreten. Mit heute weltweit mehr als 7.200 Beschäftigten hat sich die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den letzten 5 Jahren mehr als vervierfacht. Unseren Fokus legen wir dabei vor allem auf die Fachgebiete Verkehrsinfrastruktur, Wasser & Umwelt, Innovative Planung, Architektur & Städtebau sowie Energie & Industrie.  Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website [www.dorsch.de].

BIMSWARM: Was ist die Motivation in Ihrem Unternehmen, mit der BIM-Methode zu arbeiten? Welche BIM-Ziele setzen Sie sich auf der Organisations- und Projektebene?

SM: Die Motivation zur Implementierung von Building Information Modeling (BIM) in unserem Unternehmen entspringt dem klaren Ziel, unseren Kunden und Partnern eine präzisere und kollaborativere Planung und Umsetzung von Bauprojekten zu ermöglichen.

Auf organisatorischer Ebene streben wir die Schaffung einer digitalen Arbeitsumgebung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, eine unternehmens- und fachbereichsübergreifende Vernetzung der BIM-Champions zum Erfahrungsaustausch sowie ein einheitliches Kompetenzlevel durch Schulungsmaßnahmen.

Auf Projektebene setzen wir uns Ziele wie eine gute Projektkultur durch transparente und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Kunden, verbesserte Planungsqualität, optimierte Ressourcennutzung und datengestützte Entscheidungen zu unterstützen, die den gesamten Lebenszyklus eines Projekts berücksichtigen.

BIMSWARM: Wie sieht Ihre interne BIM-Organisation aus?

Intern haben wir das Department of Digitalization gegründet, das ich gemeinsam mit meinem Kollegen Dominik Schliesing leite. Dieses Department fungiert als zentrale Anlaufstelle für alle Belange rund um die digitale Transformation und BIM. Es gewährleistet eine einheitliche Umsetzung, fördert Wissensaustausch und stellt sicher, dass alle Abteilungen nahtlos in den BIM-Prozess integriert sind. Der Zuständigkeitsbereich erstreckt sich über alle Unternehmen der Dorsch Gruppe in Europa. Wir werden dabei unterstützt durch das Digital Core-Team, bestehend aus Experten unterschiedlicher Disziplinen. Wir initiieren gemeinsam strategische Entwicklungsprojekte, die dann global von uns für die beteiligten Unternehmen ausgerollt und koordiniert werden.

Um die digitale Arbeitsweise jedoch auch in den Projekten weiter zu integrieren und Entwicklungsschritte zu machen, setzen wir immer wieder agile Projektteams auf, die sich dann beispielsweise um die Erstellung von übergreifenden Modellierungsrichtlinien als Leitfaden kümmern. Es ist uns wichtig, dass wir nicht aus dem Elfenbeinturm die Standards entwickeln, sondern gemeinsam mit den Projektmitarbeitenden die Best Practices dokumentieren und in die Breite tragen. Es ist natürlich immer wieder eine Herausforderung, die nötigen Ressourcen dafür auch zu bekommen.

BIMSWARM: Seit wann ist in Ihrem Unternehmen die BIM-Methode im Einsatz? Welche Schritte waren notwendig, um mit BIM zu arbeiten?

SM: Wir setzen digitale Planungsmethoden bereits seit vielen Jahren ein. In den 90er-Jahren wurden sehr umfangreiche 3D-Assetmodelle für Flughafen-Terminals durch unsere Hochbau-Abteilung erstellt. Da sprach aber noch niemand von „BIM“. Der Weg zur BIM-Implementierung startete dann vor einigen Jahren mit einer Arbeitsgruppe, die ich gemeinsam mit dem damaligen Geschäftsführer ins Leben gerufen habe.

Für die ersten internen Pilotprojekte erfolgten umfassende Schulungen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Einführung neuer BIM-Tools und die Anpassung unserer internen Prozesse. Zudem legten wir großen Wert auf eine offene Kommunikation, um alle Teammitglieder aktiv in den Veränderungsprozess einzubinden. Dazu habe ich ein Format ins Leben gerufen, das ich „BIM-Café“ getauft habe und welches bis heute existiert. Dort präsentieren einzelne BIM-Champions aus der gesamten Dorsch Gruppe einem breiten Publikum in Impulsvorträgen zu BIM-Anwendungsfällen, innovativen Lösungsansätzen oder Lessons Learned aus BIM-Projektbeispielen.

BIMSWARM: Welche BIM-Anwendungsfälle setzen Sie um?

Unsere BIM-Anwendungen erstrecken sich über den gesamten Lebenszyklus von Bauprojekten. Hierzu zählen die digitale Planung von der Vorentwurfsphase bis zur Ausführung, die baustellenbegleitende digitale Überwachung und Kostenkontrolle, Kollaboration in Echtzeit, 4D-Simulationen für zeitliche Abläufe sowie neuerdings auch das BIM-Management. Diese Anwendungen optimieren die Effizienz und Qualität unserer Projekte erheblich.

BIMSWARM: Welche Mehrwerte konnten Sie und Ihre KollegInnen mit BIM erreichen?

SM: Durch BIM erzielen wir eine verbesserte Kollaboration, höhere Planungsgenauigkeit und optimierte Ressourcennutzung. Die frühzeitige Identifikation potenzieller Konflikte minimiert Risiken, während die digitale Erfassung von Daten den gesamten Lebenszyklus eines Projekts begleitet und die Grundlage für zukünftige Optimierungen bildet.

Auf organisatorischer Ebene stellen wir fest, dass neue Mitarbeiter gar nicht mehr ohne digitale Methoden und Arbeitsumgebungen gewonnen werden können. Das ist heutzutage eine Grundvoraussetzung und wir wollen ein attraktiver Arbeitgeber sein, der diese Vorzüge auch bietet. Und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einmal in der BIM-Methodik ein Projekt abgeschlossen haben, wollen auch gar nicht mehr anders arbeiten. Darüber freue ich mich besonders.

BIMSWARM: Welche Spezifik hat die BIM-Methode bei Infrastrukturbauprojekten?

SM: In der Infrastrukturplanung ermöglicht BIM eine ganzheitliche Betrachtung der Umwelt, der Bauwerke und Verkehrswege. Das alles hat Einfluss aufeinander und muss im Planungsprozess berücksichtigt werden. Dafür integrieren wir GIS und BIM in eine gemeinsame Datenumgebung, um allen Projektbeteiligten den Gesamtüberblick über die Planung und die Einflüsse auf andere Bereiche und Infrastrukturen darzustellen. Dadurch ermöglichen wir auch unseren Kunden, datengestützte und gute Entscheidungen treffen zu können. Die Methode unterstützt die Integration unterschiedlicher Disziplinen und schafft so eine konsistente, transparente Grundlage für komplexe Infrastrukturprojekte.

BIMSWARM: Welche Risiken sehen Sie bei der BIM-Einführung, die Unternehmen vermeiden sollten?

SM: Eine Herausforderung bei der BIM-Einführung sind natürlich die Widerstände gegenüber Veränderungen. Es müssen alte Zöpfe abgeschnitten werden und neue Wege sind manchmal steinig. Daher ist es wichtig, die Belegschaft aktiv mit einzubeziehen und umfassende Schulungen anzubieten. Zudem ist die Auswahl der richtigen BIM-Tools und eine klare Definition von Standards unerlässlich, um mögliche Kompatibilitätsprobleme zu minimieren.

BIMSWARM:  Was würden Sie Ingenieurbüros empfehlen, die noch unschlüssig sind, ob sie sich auf BIM umstellen sollen?

SM: Einfach mal machen!

BIMSWARM: Lieber Herr Müller, herzlichen Dank für das interessante Gespräch und Ihre wertvollen Insights!

 

Haben Sie eine eigene BIM-Story, die Sie mit anderen Markteilnehmern teilen würden? Dann freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme über contact@bimswarm.de!

Ihr BIMSWARM-Team