BIM-Interview

BIM for Beginners: 10 Fragen zur BIM-Adaption im Unternehmen – Interview mit Thomas Schütz von der Formitas AG

 

BIM Formitas AG
Quelle: Formitas AG

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Thomas Schütz
Quelle: Formitas AG

BIM-Management ist eine wichtige Aufgabe, welche die Umsetzung der BIM-Methode in Unternehmen und Projekten ermöglicht. Für viele Marktteilnehmer, die sich Gedanken über BIM machen und sich auf die BIM-Einführung vorbereiten, sind die Erfahrungen führender Experten in diesem Bereich eine enorme Hilfe.

Wir freuen uns deswegen besonders, unser Interview mit Thomas Schütz, BIM-Manager und Leiter der Akademie bei der Formitas AG, vorzustellen.

BIM ist in aller Munde, doch was sind die Vorteile der Einführung von BIM im Unternehmen, wie geht man vor und worauf ist zu achten? Hier helfen die Antworten von Thomas Schütz auf unsere 10 Fragen zu BIM für Anfänger.

BIMSWARM: Erklären Sie bitte BIM in ein paar Sätzen. 

Building Information Modelling (BIM) beschreibt eine kooperative Arbeitsmethodik im Projektteam, bei der die 3D-Fachmodelle und deren Bauteilinformationen im Mittelpunkt der Planung stehen. Erst dies ermöglicht einen effizienten Planungsprozess, erleichtert die Kommunikation zwischen den vielen verschiedenen Beteiligten eines Bauprojektes und steigert die Qualität und Nutzbarkeit der Planungsergebnisse. BIM ist jedoch für den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes relevant, auch über die initiale Planungsphase hinaus. Denn auch bei der Bauausführung, im Gebäudebetrieb, bei Umbauten oder einem Verkauf können die Daten des digitalen Zwillings einen Mehrwert bieten. 

BIMSWARM: Nennen Sie drei Gründe, weshalb ein Unternehmen der Architektur- oder Baubranche die BIM-Methodik einführen sollte.

Die klassische Planungsmethode mittels 2D-Zeichnungen kann ein dreidimensionales Gebäude immer nur bis zu einem gewissen Grad widerspiegeln. Zwangsläufig entstehen Informationslücken sowie ein immer wiederkehrender Mehraufwand zur Aktualisierung verstreuter Planinhalte. Man erhält mittels der BIM-Methodik eine durch Messwerte präzisierte, vollständigere Planung, die für alle Beteiligten stets in aktualisierter Form abrufbar ist. Ressourcen stehen für sinnvollere Aufgaben zur Verfügung und die Nutzungsmöglichkeiten sowie die Qualität der Ergebnisse steigen, da Kollisions- und Kostenrisiken frühzeitig erkannt werden. Inzwischen bietet BIM in vielen Fällen bereits einen Wettbewerbsvorteil, zum Beispiel ermöglicht es kleineren Planungsbüros, Großaufträge anzunehmen, die sie nach herkömmlicher Planungsmethodik von ihren Kapazitäten her nicht hätten bedienen können

BIMSWARM: Welche Voraussetzungen brauche ich für die erfolgreiche Implementierung von BIM?  

Im Unternehmen sollte die Bereitschaft zur Veränderung vorhanden sein. Es müssen keinesfalls alle Abläufe neu erfunden werden, aber ohne die Anpassung von Workflows und manch fest verankerter Vorstellung, wird BIM nicht sein volles Potenzial entfalten können. Des Weiteren hilft es, schon sehr früh eine genaue Vorstellung von den Endergebnissen zu haben, hierbei können BIM-Experten beratend zur Seite stehen. Wenn man weiß, wo man am Ende landen will, können anfangs die richtigen Weichen dafür gestellt werden (z.B. Kostenermittlung, DIN 276 Parameter, Facility Management etc.). Wird das Ganze dann mit einem realistischen Zeitplan verschmolzen, steht einer erfolgreichen Implementierung von BIM nichts mehr im Weg.

BIMSWARM: Und was sind die häufigsten Missverständnisse über BIM?

Die Projekt- oder Bürogröße ist nicht entscheidend, um BIM sinnvoll implementieren zu können. Auch bei kleineren Bauvorhaben werden Fehler vermieden sowie die Produktivität und Qualität gesteigert. Die BIM-Methode hat noch nicht zu allem die perfekte Antwort parat, wird aber stetig weiterentwickelt. So dauert es bereits jetzt nicht lange bis die Vorteile den anfänglichen Aufwand ausgleichen und sich sogar sehr schnell schon in erhöhter Effizienz bemerkbar machen.

BIMSWARM: Welche Tipps können Sie für die operative Umsetzung geben? Wie geht man am besten vor?  

Zuerst sollten der Ist-Zustand erfasst sowie die Ziele klar definiert werden. So kann man den Weg dorthin genau planen und in einem realistischen Zeitplan zuerst grob und dann konkreter festhalten. Außerdem sollte man die eigenen Ziele priorisieren, um von schnell erreichbaren Vorteilen direkt profitieren zu können. Wichtig ist auch, frühzeitig die Einbindung des entsprechenden Teams zu bedenken und die notwendigen Workshops oder Schulungen einzuplanen. Wenn eine BIM-Implementierung mal nicht optimal läuft, liegt das meist an Kommunikationsfehlern und einem Bestimmen des Vorgehens „von oben herab“, ohne den Input der Mitarbeiter abzuholen und zu berücksichtigen.

BIMSWARM: Wie lange dauert es von der BIM-Einführung bis ein Unternehmen BIM-Aufträge annehmen kann? 

Dies geht schneller als oftmals gedacht. Nach einer kurzen anfänglichen Mitarbeiterqualifikation in BIM-Grundwissen und Beherrschung der Software, kann bereits mit den Kernaufgaben wie der Modellierung und Planableitung begonnen werden. Zusammen mit einer anfänglich gegebenenfalls noch erforderlichen externen Unterstützung, reden wir hier eher von mehreren Wochen als mehreren Monaten. Jedoch sollten weiter fortgeschrittene Anwendungsfälle wie die modellbasierte Mengenermittlung erst im nächsten Schritt angegangen werden, am besten nach Abschluss des ersten Projektes. Rückschlüsse und Optimierungen aus den ersten Erfahrungen können so schon mitberücksichtigt werden. Unabhängig von den schnell umsetzbaren BIM-Basisaufträgen, kann die fortgeschrittene Ausweitung der BIM-Kompetenzen bei größeren Unternehmen also auch über mehrere Jahre verteilt stattfinden.

BIMSWARM: Welche Standard-Hard- und Software wird benötigt?  

Je schneller der Rechner ist, umso geringer werden die Wartezeiten. Dies gilt aber für alle CAD-Programme und macht sich erst bei größeren Projekten bemerkbar. Dann sollte auf High-End-Laptop/-PC geachtet werden. Es sind aber keine Extremvarianten notwendig. Die Modellierungssoftware hängt von den Vorlieben und der Softwarelandschaft ab und sollte vorab geprüft werden. Die weltweit meistgenutzte Software ist Revit, aber es gibt viele Programme, die BIM-fähig sind.

BIMSWARM: Ab welcher Teamgröße lohnt sich eine Investition in BIM?  

BIM lohnt sich immer. Aber der sinnvolle Umfang einer Investition kann schwanken, abhängig von der Größe und Komplexität der abzuwickelnden Projekte. Dafür bietet die Mitarbeiteranzahl eines Büros meist einen guten Indikator. Auch für z.B. das Einfamilienhaus lohnt sich die Investition in eine Planungssoftware, aber es müssen nicht unbedingt umfangreiche Kollisionsprüfungen durchgeführt werden. Bei einem hochinstallierten Laborgebäude ist dies hingegen unverzichtbar. Die Kosten für Hard- und Softwareausstattung, Mitarbeiterschulungen, Beratungsleistungen und die umzusetzenden Anwendungsfälle müssen daher im Individualfall beurteilt und zielgerichtet geplant werden.

BIMSWARM: Ersetzt BIM Arbeitsplätze und wie wirkt es sich auf die Unternehmenskultur und die Zusammenarbeit im Team aus?  

BIM schafft eher neue Arbeitsplätze. In BIM-Projekten kommen neue Aufgaben und Rollen hinzu, da der zeitliche Aufwand für repetitive Aufgaben reduziert wird. So werden Ressourcen frei, die in verschiedensten Bereichen zu einem höheren Qualitätslevel der Umsetzung führen können. Die Nachfrage nach den entsprechenden BIM-Qualifikationen ist hoch. Über unseren Akademie-Arm schulen wir neben Individuen auch Firmenteams und die Weiterbildungsbedarfe erstrecken sich über ein weites Feld, angefangen mit BIM-Software/-Infrastruktur oder BIM-Workflows bis hin zu BIM-Hochbau und BIM in der Bauausführung. Von Grundlagen bis zu Nischenthemen ist alles dabei. Zugleich führt die Weiterbildung der Mitarbeiter zu einer moderneren Unternehmenskultur, denn die Zusammenarbeit wird klarer definiert und findet deutlich enger statt. Eindeutige Kommunikationsstrategien und Change-Management-Prinzipien helfen bei der Umstellung.

BIMSWARM: Was sollte man noch über BIM wissen, das noch nicht erwähnt wurde? 

Es macht Spaß. An einem 3D-Modell zu feilen bis jede Ecke passt, stets auf aktualisierte Planungsstände zugreifen zu können und transparent miteinander im Projektteam zu arbeiten, beseitigt viele Frust-Fallen bisheriger Planungsprinzipien. Und hier ist das Potenzial noch nicht einmal vollständig ausgeschöpft. BIM wird sich in den nächsten Jahren noch weiterentwickeln und stellt aus meiner Sicht zweifelsfrei die Zukunft der Branche dar.

BIMSWARM: Vielen Dank, Thomas Schütz, für Ihren wertvollen Beitrag und für das Teilen Ihrer Erfahrungen mit der BIMSWARM-Community!

 

Thomas Schütz, BIM-Manager bei der Formitas AG und Leiter der Formitas Akademie

Durch sein Studium an der RWTH Aachen und fünf Jahre Berufserfahrung in Planungsbüros verbindet M.Sc. Architekt Thomas Schütz den Building-Information-Modeling-Prozess mit dem Architektenalltag. Seit 2019 betreut er Kunden der Formitas AG als BIM-Manager sowie als Dozent der Formitas Akademie, wobei die Praxisnähe und der Bezug zu den vielfältigen BIM-Anwendungsfällen stets im Vordergrund seiner Lehrtätigkeit stehen.