BIM-Story

Candy Friauf, DB Netz AG: „Es ist erforderlich unter allen Beteiligten eine Mentalität der Unvoreingenommenheit und Offenheit zum Thema BIM zu erzeugen.“

Die Digitalisierung der Infrastruktur bei der DB und Anteil BIM. Quelle: DB Netz AG

Candy Friauf, DB Netz AG

Bei BIMSWARM möchten wir verschiedene BIM-Anwender und ihre Erfahrungen der BIM-Community vorstellen. Unsere Ansprechpartner geben Einblicke in mögliche Ansätze im Bereich BIM und Digitalisierung und helfen anderen Markteilnehmern, ihre BIM-Einführung in ihren Organisationen und Projekten weiter zu verbessern.

Heute freuen wir uns insbesondere die BIM-Story der Deutschen Bahn zu veröffentlichen. Der Grund für unser Gespräch mit Herrn Candy Friauf, Digitales Planen und Bauen von Infrastrukturprojekten (KM), DB Netz AG, war die Veröffentlichung der aktualisierten Version der BIM-Strategie der Deutschen Bahn im Mai 2022.
Wir haben diesen Anlass benutzt, um uns und die BIMSWARM-Community über das neue Dokument und den aktuellen Stand der BIM-Implementierung bei der Deutschen Bahn zu informieren.

BIMSWARM: Herr Friauf, warum war die Aktualisierung der BIM-Strategie der DB von 2019 nötig? Was hat sich in der neuen Version verändert?

Eine Aktualisierung der BIM-Strategie im Vorstandsressort Infrastruktur (VRI) aus dem Jahr 2019 ist der aktuellen Entwicklung der Implementierung von Building Information Modeling bei der Deutschen Bahn AG geschuldet.
Zum einen hat die Deutsche Bahn AG die „Konvergenz-Phase“ (BIM in der Planung) abgeschlossen und zum weiteren wurde die „Digitale-Kompetenz-Phase“ (BIM in der Bauausführung) näher beschrieben.
Die Fortschreibung der VRI BIM-Strategie fokussiert sich auf folgende zentrale Themenfelder:
1. Stabilisierung der Infrastrukturprojekte hinsichtlich der Zielgrößen Qualität, Termine und Kosten
2. Erhöhung der Produktivität sowie Effizienz bei der Abwicklung von Infrastrukturmaßnahmen für alle Projektphasen im laufenden Investitionshochlauf und für die Kapazitätserweiterungen der Schiene
3. BIM-Anwendung in Genehmigungs- und Finanzierungsverfahren zwecks Verfahrensbeschleunigung sowie der Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und der Abstimmung mit den Betroffenen
4. Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und Verfügbarkeit des Anlagenbestands durch verbesserte Übergabe von Daten aus den Projekten zur Umsetzung von effizienten Instandhaltungsprozessen im Anlagenbetrieb (verbessertes Datenmanagement)

BIMSWARM: Für wen ist die BIM-Strategie der DB?

Die VRI BIM-Strategie richtet sich an alle MitarbeiterInnen der Deutschen Bahn AG. Sie soll über die Gründe, Ziele und zu erwartenden Veränderungen der BIM-Einführung bei der Deutschen Bahn informieren und bindet die MitarbeiterInnen in den Veränderungsprozess mit ein.

Die Fortschreibung der VRI BIM-Strategie richtet sich dabei speziell an die Führungskräfte und Entscheidungsträger innerhalb des Vorstandsressort Infrastruktur, damit diese gut informiert Entscheidungen über den Einsatz von Ressourcen und den Umfang von Maßnahmen und Mitteln bei der Einführung von BIM bei der Deutschen Bahn AG treffen können.

Darüber hinaus wendet sich die Strategie an die Partner der Deutschen Bahn AG innerhalb aller Projektphasen, d.h. sowohl an planende und bauausführende Auftragnehmer wie auch an die BIM-Verantwortlichen beim BMDV, bei Prüf-, Aufsichts-, und Genehmigungsbehörden sowie anderen Infrastrukturbetreibern. Sie erhalten klare und langfristig verbindliche Botschaften und Aussagen zu Aufstellung und Vorgehen der DB bei der BIM-Implementierung.

BIMSWARM: Was ist die Motivation der DB für die Umstellung auf die BIM-Methode?

Zum einen sind es die politischen Vorgaben, die eine Umstellung auf die BIM-Methodik erfordern, u.a. durch die Empfehlung der Reformkommission Bau von Großprojekten im Jahr 2015 die digitalen Methoden wie Building Information Modeling (BIM) im gesamtem Projektverlauf verstärkt zu nutzen und die Verankerung von BIM im Koalitionsvertrag der Regierung.

Zum anderen will die Deutsche Bahn durch die BIM-Einführung die Veränderungen in Deutschland im Zuge der Digitalisierung aktiv mitgestalten, um insbesondere die Bauherren- und Betreiberinteressen sicherzustellen. Die BIM-Implementierung ist somit ein unverzichtbarer Baustein der Digitalisierungsstrategie der Deutschen Bahn AG.
Infrastrukturprojekte sollen mit BIM schneller und effizienter abgewickelt werden und so für die Kunden ein spürbarer Mehrwert in Form höherer Qualität und Zuverlässigkeit entstehen.

BIMSWARM: Wo steht aktuell die DB beim Thema BIM-Implementierung?

Mit dem Abschluss der Pilotierung und wissenschaftlichen Begleitung von BIM für die Eisenbahninfrastruktur (2019) und der grundsätzlichen Feststellung der Methodik als Stand der Technik wurde die Grundlage für eine breite Einführung und Nutzung gelegt.
Wie die Fortschreibung der VRI BIM-Strategie beschreibt, hat die Deutsche Bahn AG die „Konvergenzphase“ abgeschlossen. Hauptbestandteil der „Konvergenzphase“ war die Pilotierung von BIM beim Planen sowie die Entwicklung der notwendigen Grundlagen zur konsistenten Einführung in den Geschäftsfeldern. Diese Grundlagen umfassen die 3D-Planung, die Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA), den BIM-Abwicklungsplan (BAP), die Gemeinschaftliche Prozesse der Daten- und Dokumentenverwaltung (CDE) und die Modellunterstützte Planungsmeetings im virtuellen Datenraum (VDR).
Mit der regelmäßigen Anwendung dieses Mindeststandards bei neuen Projekten wurden die Zielvorgaben des Stufenplans für die erste Stufe erreicht und die Grundlage für komplexere Leistungsniveaus geschaffen.
In der „Digitalen Kompetenzphase“ legt die Deutsche Bahn AG insbesondere den Fokus auf die Schaffung von standardisierten Grundlagen für die Verstetigung der Anwendung von BIM in der Planung und Schaffung von Standards für die Bauausführung. Auch der Austausch zu Standards und Weiterentwicklungsansätzen mit der Lieferkette wird verstärkt. Zudem werden die Anknüpfungspunkte zum digitalisierten Anlagenmanagement konzeptionell beschrieben.

Die Digitalisierung der Infrastruktur bei der DB und Anteil BIM. Quelle: DB Netz AG

BIMSWARM: Welche Herausforderungen treffen Sie und Ihre KollegInnen bei der BIM-Einführung intern und extern? Wie überwinden Sie diese?

Es gibt viele Herausforderungen, die die Deutsche Bahn AG bei der Implementierung der BIM-Methodik meistern muss.

Dazu gehören u.a. der Faktor Mensch. Um eine neue Methode zum Planen und Bauen einzuführen, reicht es nicht diese mit der „Gießkannenprinzip“ zu verteilen. Es ist jeder einzelne MitarbeiterInnen gefragt, einen Beitrag zur Implementierung zu leisten. Zur Erreichung einer kollaborativen Zusammenarbeit ist es erforderlich unter allen Beteiligten eine Mentalität der Unvoreingenommenheit und Offenheit zum Thema BIM zu erzeugen. Darüber hinaus ist es unerlässlich eine Kultur der Wertschätzung unter allen Mitarbeitern und Führungskräften zu schaffen und die Herausforderungen der Implementierung der BIM-Methodik als Chancen zu sehen.

Weiter war es wichtig, Erfahrungen aus Pilotprojekten heraus zu sammeln, um daraus Standards zu erstellen und diese zielführend einzusetzen. Dabei ist es wichtig, dieses auf Basis einer offenen Fehlerkultur, die Transparenz sowie Vertrauen auch außerhalb der eigenen Abteilung schafft, umzusetzen.

Einige kritische Punkte, wie zum Beispiel der Rechts- und Regulierungsrahmen (Anforderung an 2D-Pläne oder Papierauslage von Unterlagen), zu viele Softwarelösungen die parallel eingeführt werden (Kompetitiven Anbieterlandschaft) oder der große Bedarf an BIM Know-how hat uns vor erheblichen Herausforderungen gestellt.

Durch die Festlegung der gemeinsamen VRI BIM-Strategie wurden die Ziele der Implementierung der BIM-Methodik, geschäftsfeldübergreifend, verankert.

BIMSWARM: Was ist aus Ihrer Sicht der entscheidendste Faktor für eine erfolgreiche Einführung der BIM-Methode bei der DB?

Der entscheidendste Faktor zur Einführung der BIM-Methodik ist der Faktor Mensch. MitarbeiterInnen müssen auf die kommenden Veränderungen vorbereitet werden. Die Einführung der BIM-Methodik ist zwar eine Managemententscheidung, die MitarbeiterInnen bilden jedoch den Schlüssel für den Erfolg. Somit steht der Mensch hier im Fokus und muss informiert, geschult und mitgenommen werden. Ohne Akzeptanz durch den MitarbeiterInnen, ist die Einführung zum Scheitern verurteilt. Verständnis ist das Fundament für BIM.

BIMSWARM: Was würden Sie anderen Marktteilnehmern die sich für BIM entschieden haben, empfehlen?

Einfach alles einmal ausprobieren. Fehler zulassen und wenn man merkt, dass der einzelne Schritt der falsche für die Firma war, einfach einen neuen Schritt wagen. Es ist manchmal mühsam, aber es lohnt sich für die Zukunft. Man braucht etwas Ausdauer und man darf nie die MitarbeiterInnen vergessen. Ohne die geht es nicht.

Vor allem muss man das Thema nicht allein umsetzen. Mit Partnern geht das einfacher. Wir haben alle die gleichen Herausforderungen bei dem Thema und können uns gegenseitig unterstützen und Synergien schaffen.

BIMSWARM: Vielen Dank, Candy Friauf, für Ihren wertvollen Beitrag und für das Teilen Ihrer Sicht und Erkenntnisse zur BIM-Implementierung und weiterhin viel Erfolg mit BIM! Wir glauben, dass die BIM-Strategie der Deutschen Bahn eine wichtige und sehr empfehlenswerte Grundlage für alle Marktteilnehmer ist, die die BIM-Einführung in Ihrem Unternehmen umsetzen wollen.

Die BIM-Strategie der Deutschen Bahn ist auch im Content-Bereich auf BIMSWARM gelistet.

 

Haben Sie eine eigene BIM-Story, die Sie mit anderen Markteilnehmern teilen würden? Dann freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme über contact@bimswarm.de !

Ihr BIMSWARM-Team